Mit der D610 stellte Nikon im vergangenen Oktober ein Mini-Update der Nikon D600 vor. Im Vergleich zur Nikon D600 wurde praktisch nur der Verschluss ausgetauscht, der beim Vorgänger für viel Ärger in Form von Ölflecken auf dem Bildsensor gesorgt hatte. Im Rahmen dieser Aktualisierung spendierte Nikon, nach eigenen Angaben, der Kamera einen etwas schnelleren sowie einen leiseren Serienbildmodus. Sofern zutreffend, haben wir dementsprechend Teile der Nikon D600-Review übernommen.
Design, Verarbeitung und Bedienung
Die Bedienung ist für Kenner von Nikon-DSLR-Kameras gewohnt gestaltet, die Anordnung der Bedienelemente vergleichbar mit den der anderen hochwertigen DSLR-Modelle wie der Nikon D7100 und aufwärts. Aufsteiger von Einsteiger-Modellen wie der Nikon D3300 oder Nikon D5300 werden sich hingegen leicht umgewöhnen müssen, die Menüstruktur bleibt jedoch weitestgehend identisch.
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Das Moduswahlrad bricht etwas mit den bekannten Nikon-Designs und ist mit den mittig angebrachten 'Unlock'-Schalter vor dem Drehen zu entsperren. Dies soll ein versehentliches Ändern des Modus während des Fotografierens verhindern, ist angesichts des Widerstands eher unnötig. Gleiches gilt für das Zahnrad ähnliche, untenliegende Wahlrad zur Einstellung des Aufnahmemodus (Einzel- oder Serienbild, leise Auslösung, Remote-Aufnahme, Timer): Dieses ist aufgrund der auch hier notwendigen Entsperrung sehr fummelig in der Handhabung.
Die Verarbeitung ist auf gewohnt hohem Niveau, echte Beanstandungen gibt es keine. Das Gewicht fällt mit etwa 850 g (inkl. Akku und Speicherkarte) ebenso gering aus wie die Abmaße mit lediglich 141 x 113 x 82 mm - vergleichbar zur getesteten Canon EOS 6D. Erkauft wird das geringe Gewicht jedoch, wie bei der EOS 6D, durch einen erhöhten Plastikanteil im Vergleich zu den reinrassigen Profimodellen.
Im Gegensatz zur Canon EOS 6D verfügt die Nikon D610 über kein integriertes GPS- oder W-LAN-Modul, der bei Canon dafür benutze Platz über dem Sucher wird hier klassisch für einen integrierten Blitz benutzt. In wie weit dieser von der "D610-Zielgruppe" benutzt wird ist jedoch fraglich, dürften hier wohl doch eher dedizierte Aufsteckblitze mit höherer Leistung zum Einsatz kommen.
Autofokus und Serienbildmodus
Einer der größten Kritikpunkte an der Canon EOS 6D ist zugleich eine der, im Vergleich, gewissen Stärken der Nikon D610: Der Autofokus. Die Canon EOS 6D ist mit elf AF-Punkten (davon ein zentraler Kreuzsensor) schlechter ausgestattet als die Einsteiger-Modelle 650D/700D mit durchgehenden Kreuzsensoren - sieht man einmal von der besseren Lichtempfindlichkeit des zentralen Kreuzsensors ab.
Die Nikon D610 hingegen bekam das Autofokussystem der Nikon D7000 verpasst und liegt damit auf dem Niveau der D5200, ohne der neuen Nikon D7100 als APS-C-Flaggschiff zu viel hausinterne Konkurrenz zu machen. Damit übernimmt man aber auch bekannte Schwächen: Insbesondere bei wenig Licht trifft der Autofokus nicht immer zielsicher und braucht teilweise zu lang zum Fokussieren.
Serienbildaufnahmen schafft die Nikon D610 mit immerhin 6 Bildern je Sekunde - die Rate lässt sich auf Wunsch im Menü auch in 0,5 Bilder/s-Schritten einstellen. Zur Speicherung stehen gleich zwei SD/SDHC/SDXC-Slots mit der Unterstützung von schnellen UHS-I-Speicherkarten zur Verfügung. Die Geschwindigkeit liegt leider "nur" auf dem Niveau der guten D3200, reicht jedoch nicht an die aktuelle Spitzenwerte der D3300 heran. Der zweite Slot kann, je nach Situation, wahlweise als Back-Up, erweiterter Speicher (1. Karte voll) oder im Kombi-Betrieb (1: RAW, 2: JPEG) genutzt werden. Auch hier findet sich mehr Know-How der Oberklasse als Canon der EOS 6D spendiert.
Bildqualität
Das wohl heikelste Thema bei einer Kamera! Wie man bei dem Preis jedoch erwarten kann, es zumindest sollte, leistet sich die Nikon D610 hier keinen Fehltritt. Der Dynamikumfang ist sehr hoch, die Auflösung, ein passendes Objektiv vorausgesetzt, auf hohem Niveau und das Bildrauschen auch bei wenig Licht bis ISO 6.400 einfach korrigierbar.
Ab etwa ISO-3.200 merkt man jedoch leichte Vorteile für die Canon EOS 6D, welche zudem mit maximal ISO-102.400 mehr Reserven aufzuweisen hat als die Nikon D610 mit maximal ISO-25.600. Das Rauschverhalten der Canon ist in hohen ISO-Bereichen grob eine Stufe (1 EV) besser als das der Nikon.
Die Bilder lassen sich, wie gehabt, wahlweise im JPEG und/oder RAW-Format (.NEF) aufzeichnen. Eine Besonderheit bietet Nikon, typisch für die eigenen Vollformatkameras: Mittels Tastendruck lässt sich vom FX-Modus (Vollformat) in den DX-Modus (~1,5-facher Crop-Faktor) umschalten. Dies ist jedoch nur bei kleinen Speicherkarten interessant. Steht genug Platz zur Verfügung, lässt sich der Beschnitt auch Mühelos am PC vornehmen.
Videomodus
Auch beim Videomodus hat man sich glücklicher Weise nicht beirren lassen und übernimmt selbiges praktisch 1:1 von der Nikon D800/D800E. Es lassen sich anschlusseitig im Bereich Audio sowohl Mikrofon als auch Kopfhörer anschließen. Letztere Option fehlt leider bei der Canon EOS 6D. Sehr gut: Die beiden dafür notwendigen Anschlüsse befinden sich unter einer Abdeckung - Canon löst dies bei der EOS 5D Mark III leider anders.
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Rein qualitativ liegt man auf üblichem DSLR-Niveau, Moiré tritt bei feinen Strukturen kaum auf, sichtbar weniger als bei der EOS 6D. An das sehr gute Niveau der Canon EOS 5D Mark III, die aus je genau 3x3 RGB-Subpixeln einen Bildpunkt berechnen kann kommt man leider nicht heran. Eine schnittfreundlichere All-I-Kompression wie Canon sie bei den beiden genannten Kameras bietet ist leider nicht vorhanden, dafür jedoch die Möglichkeit ein unkomprimiertes Videosignal (YCbCr, 4:2:2) via HDMI auszugeben.
Fazit und Empfehlung
Der Vergleich zur [[ASIN:B009C6WYTS|Canon EOS 6D]] ist, und das ist leider viel zu selten, sehr interessant. Nikon punktet bei der D610 eindeutig mit den "inneren Werten": Serienbild, Autofokus, zwei Speicherkarten-Slots und ein integrierter Blitz erfreuen Fotografen. Beim Rauschverhalten kommt man nicht ganz an die sehr guten Werte der 6D heran. Canon kann im Bereich Ausstattung zudem eindeutig durch das integrierte GPS sowie W-LAN Punkte sammeln.
Die [[ASIN:B00FPH2CQS|Nikon D610]] bietet unserer Einschätzung nach für 'all Jene, die auf GPS und W-LAN verzichten können, "mehr Fotografie fürs Geld". Dies ist jedoch primär für Neueinsteiger oder gewillte Umsteiger interessant. Besitzer von zahlreichen Canon EF- oder Nikon-FX Objektiven machen mit der jeweils passenden Kamera garantiert keinen Fehlkauf. Der Werteverlust beim Verkauf der Objektive wiegt hier schwerer. Besitzer der "alten" Nikon D600 sollten nicht über einen Wechel nachdenken - etwaige Probleme mit Ölflecken können im Rahmen der Garantie über eine Reparatur bei Nikon angewickelt werden.