Moin nochmal!
Ich will ja nicht so wirken als wollte ich Dich überreden. Das will ich nicht, ich hab ja keinen wirklichen Grund dafür und hab schon gesagt, dass beide Kameras und Mikrofone Dir sehr gute Qualität bescheren werden. Und wenn Dein Bauch Dich in Richtung Canon treibt, dann ist Dein besseres Bauchgefühl tatsächlich wichtiger als die kleinen technischen Vor- oder Nachteile der Systeme.
Allerdings muss ich als Physiker (und damit Wissenschaftler) mich ein bisschen wehren gegen Deine Argumentationen. Der Vergleich zwischen dem von Dir gelinkten Vlog-Video und meinem Video ist absolut nicht objektiv. Das Vlog-Video wurde ja eigens ausgeleuchtet, der Hintergrund angepasst und nachbearbeitet, so dass alles möglichst poppig und bunt aussieht. Die meisten Leute unterschätzen extrem, wie wenig die eigentlich verwendete Kamera ausmacht im Vergleich zu vor allem Beleuchtung und Hintergrund. Wirklich der einzige Unterschied zwischen den Kameras ist ein ganz leichter Farbstich, den Du vermutlich nicht sehen wirst, das überzeichnet-bunte Bild hat damit erstmal nichts zu tun.
Wenn Du vergleichen willst, solltest Du also lieber bei YouTube nach echten Vergleichsvideos schauen, die also beide Kameratypen auf die exakt gleiche Szenerie richten. Dann kann man da eher von fair sprechen.
Wenn Du willst, kann ich mir auch mal die Nikon D5200 (der gleiche Chip wie in der D5300) von einem Freund und die Canon 550D (der gleiche Chip wie in der 700D) aus meinem Institut schnappen und auf mich selber in Vlog-Situation richten, quasi als Vergleich. Sag mir Bescheid, wenn Dir das viel weiter helfen würde, ist halt ein bisschen Arbeit...
Was den Ton angeht: Jawohl, der H5 klingt saugut mit dem SGH-6 Aufsatz und auch schon ohne. Zusammen kosten sie aber auch schlappe 350€, und Du kannst damit in dieser Qualität nur extern aufnehmen und musst es nachher synchronisieren. Das Videomic Pro kostet 145€ und Du kriegst den Sound direkt in die Kamera. Der Vergleichs-Video (das von dem Deutschen mit dem englischen Review), das Du verlinkt hast, würde ich sofort in die Tonne kloppen und vergessen. Zum einen klingen beide Varianten finde ich im Video absolut unterirdisch schlecht, was einfach daran liegt, dass die Mikros zu weit vom Ton weg sind. Die Platzierung des Mikrofons macht am Ende des Tages mit großem Abstand den meisten Unterschied was die Tonqualität angeht, kein noch so teures Mikrofon, ich hab dazu auch mal hier ein etwas überzogenes Beispiel gefilmt. Zum anderen bin ich mir, wenn man den Klang mal so anhört, relativ sicher, dass das Røde-Mikro in seinem Test ein bisschen in die falsche Richtung zeigt. Der Ton klingt genau so wie ich das bei einem leichten Richt-Mikrofon off-axis (also nicht direkt davor) erwarten würde, was echt ein fataler Fehler wäre in so einem Vergleich.
Je weiter entfernt Du das Mikrofon von der Tonquelle weg platzierst, desto wichtiger und effektvoller wird eine Richtmikro-Charakteristik. Wenn Du einen Ständer hast und das Mikrofon sehr nahe an Deinen Mund kriegst (wie in dem zweiten Beispielvideo) und in einem kleinen Raum ohne Nebengeräusche und mit sehr wenig Hall bist, dann brauchst Du eigentlich keine Richt-Charakteristik, sondern ein einfaches XY-Stereomikro klingt schon wirklich gut. Sobald Du aber einen Computer mit hörbarem Lüfter mit im Raum hast, oder kahle Wände, oder der Raum etwas größer ist, oder Du das Mikro etwas weiter weg platzieren musst (wenn Du z.B. Ganzkörper im Bild bist oder bis zur Hüfte und die Augen noch im 2/3-Schnitt sitzen), dann hilft ein Richtmikrofon einfach, die störenden Umgebungsgeräusche etwas zu reduzieren. Für filmische Sketch-Einlagen (und das ist worauf ich Bezug genommen hab) würde ich den Zoom H5 so direkt nicht verwenden. Auch hier könnte ich übrigens mal meinen Zoom H4n (das XY-Mikro ist fast identisch zum H5) gegen das Videomic Pro vergleichen. Ich hab Dich halt ein bisschen versucht, vom H5 abzubringen, weil ein externer Rekorder wirklich wenig Sinn macht, wenn Du den Ton gerne in die Kamera rein hättest. Du gibst dann Geld aus für Dinge, die Du eigentlich nicht brauchst, und die werden an anderer Stelle eingespart...
Das wichtigste meiner etwas langen Beitrags ist aber erstmal, dass Du realisierst: Das Aussehen eines Videos hängt nur ein winziges bisschen vom Kamera-Body ab!!! Das Objektiv spielt schon eine deutlich größere Rolle, der eigentliche Unterschied wird aber in der Beleuchtung und dem Hintergrund gemacht. Ich hab das mal (allerdings für einen anderen Zweck) hier im Forum mit diesem Video demonstriert. Das bedeutet letztendlich zweierlei Dinge:
- Du solltest Dich nicht allein wegen des Bildlooks für einen Kamera-Body entscheiden. Der Unterschied ist klein bis nicht bemerkbar.
- Es ist nicht wahnsinnig wichtig, für welchen Kamera-Body Du dich entscheidest. Ein ordentliches Licht-Kit und etwas Mühe in den Hintergrund stecken wird sehr viel mehr ausmachen.
Deshalb also: Wenn Du Dich mit Canon wohler fühlst, wenn Du eventuell schon Freude hast, die Dir mal ein Canon-Objektiv leihen könnten, wenn Du die Menüführung undsoweiter von Canon intuitiver findest, dann kauf Dir eine Canon 700D. Wobei der 18-MP-Sensor, der noch aus 550D-Zeiten stammt, schon ein bisschen schmerzt... Wenn Du von mir eine Empfehlung auf rein technischer Basis kriegen willst, welche Kamera die marginal bessere ist, dann würde ich Dir die Nikon D5300 empfehlen, sie wird objektiv die besseren Bilder machen, auch noch wenn man den Mini-Grünstich korrigiert. Wenn Du bereit bist, Dein geplantes Geld ein bisschen umzuverteilen, dann würde ich Dir in eine ganz andere Richtung raten:
Damit landest Du insgesamt bei 1115€. Für die Nikon D5300 (677€) und den Zoom H5 mit Richtmikro-Aufsatz (350€) wärst Du auch bei 100€ weniger gelandet, aber Du kriegst mit der 70D ein paar fette Vorteile gegenüber den etwas "kleineren" Kameras: Einen neueren Chip, aber trotzdem Canon, einen wirklich super funktionierenden Autofokus (den einzigen bei einer DSLR), eine sehr leise STM-Linse dass man den AF nicht hört, und natürlich kleine Schmankerl für Vlogger wie Bedienung per Smartphone und Fokus-Gesichts-Tracking. Das ist meiner Meinung nach aktuell die ultimative Film-DSLR, aber sie kostet halt schon einfach einen Tacken mehr... kann sein, dass die im Mai kommende 760D ähnlich gut dasteht für 100 Euro weniger, wenn Du noch so lange warten willst...
EDIT: Auf meinem Kanal gibt es übrigens ein zweites Mockumentary-Video, das mit einer Canon-Kamera gefilmt wurde. Quasi im gleichen Institut und mit der gleichen Beleuchtung (nämlich gar keiner) aber einem Canon-Chip. Das wirkt so "out of the box" auch nicht Bonbon-bunt. Wenn man Bonbon-bunt will, muss man entsprechende Hintergründe und Licht wählen und dann evtl. auch noch die Sättigung (in der Kamera oder beim Schneiden) ein bisschen höher drehen. 