Warum sind manche Objektive erst ab einer gewissen Blendenzahl scharf?

  • Hey meine lieben, ich frage mich warum eigentlich einige Objektive erst ab einer gewissen Blendenzahl scharf fotografieren/Videografieren?


    Hat das was mit dem Lichteinfluss zu tun? Je mehr Licht desto mehr unschärfe?


    danke euch


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  • Auch wenn bei mir der Physikunterricht schon etwas her ist versuche ich es mal.


    Es hängt mit der Beugung des Lichtes am Rand der Blende zu tun und wie gebündelt das Licht auf den Sensor trifft. Das gilt nicht nur für große Blendenöffnung (zb. f/1.8) sondern auch für kleine (f/22). Schließt du die Blende zu weit verschlechtert das auch wieder deine Bildschärfe.


    Bei teureren Objektiven wird dem wohl mit entsprechenden Beschichtungen usw entgegen gewirkt, aber das ist Spekulation meinerseits.


    Und die "Lichtmenge" hat nichts mit der Blende zu tun, bzw. nicht nur. Die "Lichtmenge" bestimmt wie hell dein Bild ist und berechnet sich aus Blende, Verschlusszeit und ISO. Zwei Bild mit der selben "Helligkeit" haben gleich viel Licht aufgenommen, unabhängig davon wie groß die Blende ist.


    PS: ich vermute das ist das falsche Unterforum, da allgemeine Frage.

    Nikon D5500

    Nikon Z6

  • Ach da gibts viele Einflüsse. Es kommt halt auf die optische Rechnung, die verwendeten Materialien und auch auf die Messbarkeit und Produktionspräzision an. Ein Objektiv ist ein hochkomplexes System aus einzelnen Linsen die alle einen gewissen Fehler haben. Die Kombination aller Linsen ergibt die Abbildungsleistung. Jede LInse erzeugt in irgendeiner Form einen Abbildungsfehler, der durch andere Linsen korrigiert werden sollte. Je nach verwendetem Material kann man auch gar nicht alle Fehler korrigieren. Es gibt auch gewisse Fehler die bei extremen Brennweiten z.b. auch schwieriger zu korrigieren sind. Man muss z.b. auch bedenken, dass man eine 3-dimensionale Welt auf eine 2-dimensionale runterbricht. Das hat auch Auswirkungen.

    Im Grunde fallen optische Fehler bei Objektiven bei großer offenblende , d.h. > f2 schneller auf. Je größer die Blendenöffnung desto aufwendiger die Korrekturmaßnahmen die notwendig werden. Je offenblendiger und je billiger ein Objektiv gefertigt ist, desto mehr muss man Abblenden... Gibt ja einige vermeintliche Lichtriesen z.b. Kamlan 50mm f1.1 das aber stark abgeblendet werden muss. Die Korrekturen reichen nicht aus und/oder die Materialien sind zu schlecht. Daher fallen die Fehler sofort auf und erst bei höheren Blenden wird die maximal mögliche Schärfe erreicht.


    Das Korrigieren der Objektive wird eben unterschiedlich konsequent durchgeführt und hat in erster Linie mit dem Preis des Produktes und und auch der Philisophie des Herstellers zu tun.


    Ein Objektiv zeichnet sich durch diverse Parameter in der Abbildungsleistung aus. Der Hersteller kann niemals alles auf höchstem Stand optimieren. Er muss sich immer für einen gewissen Teil entscheiden und wird dorthin optimieren. Man bekommt hier nie alles. Für alles was man von Vorteilen rausbekommt, muss man an anderer Stelle bezahlen. Dabei geht es nichtmal nur um die optischen Eigenschaften der Objektive. Hinzukommen auch Dinge die man bedenken muss, wenn man etwas verkaufen will. Dem Kunden muss das Produkt schlicht gefallen und darf eben nicht zu viel kosten usw.


    Man kann eine Linse entwerfen, die nach heutigen Stand ziemlich nah an einer optisch und mechanisch perfekten Linse ist, z.b. die Zeiss Otus -Objektive. Doch was bekommt man zusätzlich? ein Objektiv das

    1. keiner bezahlen kann,

    2. ein Objektiv was saugroß und schwer ist,

    3. ein Objektiv ohne Autofokus

    4. ein Objektiv ohne Stabi,

    5. ein Objektiv mit nur einer Brennweite


    Es gibt sicher noch weitere Punkte, aber ich denke die wichtigsten sind dabei. Nun muss man sich eben überlegen ob man die beste Optische Leistung mit den 5 genannten Einschränkungen haben möchte. Ich für meinen Teil hab mit wenigstens 2-3 dieser Punkte ein massives Problem die mich als Käufer ausschließen. Das wird vielen so gehen und daher ist die potentielle Käuferzahl gering. Man muss sich als Hersteller also überlegen wie man da rangehen kann die Linse für den breiten Markt zugänglich zu machen, aber die optischen Eigenschaften nicht total zu verschlechtern.


    Die Auslegung ist also in jedem Fall ein Kompromiss. Das geht dann jeder Hersteller anders an. Pauschal kann man sagen, dass je billiger die Linsen werden die Kompromisse größer und fauler werden und damit auch die Leistungen in den Grenzbereichen der Objektive sinken. Zoomlinsen sind z.b. über einen weiten Zoombereich optimiert und werden nie überall gleich gut sein können. Da fallen dann meistens die Brennweitengrenzen ab und sind nur abgeblendet besser.


    Zur ganzen Geschichten kommen Fertigungstoleranzen dazu die für Abweichungen von der theoretisch ausgewogenen Rechnung sorgen. Bei großen Offenblenden fallen solche Abweichungen z.b. mehr auf als wenn ich eine Linse auf F8 abblende. Durchs Abblenden steigt die Tiefe der scharfen Ebene im Bild an und es wirkt mehr scharf. Objektivfehler fallen weniger ins Gewicht und das Objektiv erreicht seine max. Schärfe.


    Du siehst....es ist komplex :)

    Sony Alpha A6300
    E-Mount
    SEL1670z; SEL1650; SEL35f1.8; SEL50f18;
    Altgläser:
    Canon FD 50mm f1.4 und Canon FD 28mm f2.8, Minolta Rokkor MD 135mm f2.8, Sigma 105mm 2.8 EX DG OS HSM Makro mit LA-EA3,
    Blitz: Nissin i40, Godox TT350s, Godox V860ii-s mit Godox X-pro-s Funksender

    Mein Flickr-Account:

    https://www.flickr.com/people/titusgaertner/

  • Bei großen Offenblenden fallen solche Abweichungen z.b. mehr auf als wenn ich eine Linse auf F8 abblende. Durchs Abblenden steigt die Tiefe der scharfen Ebene im Bild an und es wirkt mehr scharf. Objektivfehler fallen weniger ins Gewicht und das Objektiv erreicht seine max. Schärfe.


    Du siehst....es ist komplex :)

    Sehr schöne Ausführung zum Thema Abbildungsqualität von Objektiven, nur warum das ganze durch eine geschlossenere Blende besser wird hast du nicht wirklich betrachtet.


    Auf die Tiefenschärfe kommt es da meinem Verständnis nach nicht (wenig) an, denn sonst würdest du ja bei einem flachen Motiv, wie es diese Siemensstrene zb. ja sind, garnicht merken.

    Nikon D5500

    Nikon Z6

    • Offizieller Beitrag

    Das gilt nicht nur für große Blendenöffnung (zb. f/1.8) sondern auch für kleine (f/22). Schließt du die Blende zu weit verschlechtert das auch wieder deine Bildschärfe.


    Bei teureren Objektiven wird dem wohl mit entsprechenden Beschichtungen usw entgegen gewirkt, aber das ist Spekulation meinerseits.

    Das ist leider eine falsche Spekulation: An der Beugungsunschärfe kannst Du nichts mit Beschichtungen verändern, da sind wir dann leider bei den Naturkonstanten angekommen ;) Die einzige Möglichkeit den Durchmesser der sog. Airy Discs in den Griff zu bekommen ist es die Blende zu öffnen. Man kann auch berechnen, ab welcher Auflösung und Sensorgröße (und Sensor-Design) welche Blende die Auflösung limitiert.



    Zur eigentlich Frage des "Warum?": Das ist primär ein Problem der Herstellung. Je höher die Lichtstärke, desto größer wird der Linsendurchmesser. Und je weiter man die Blende schließt, desto weniger "sieht" der Sensor vom Rand der einzelnen Linsen. Oder anders formuliert: Je besser ein Hersteller die Produktion und Qualität der Glaslinsen am Bildrand im Griff hat, desto besser auch die Bildschärfe am Bildrand.


    Ein gutes Beispiel dafür ist z.B. das neue Sigma 85 mm f/1.4 ART, das schon bei Offenblende sehr scharf ist.


    Bei sehr weitwinkligen Objektiven hat man zudem das Problem, dass die Lichtstrahlen am Rand in einem sehr flachen Winkel eintreffen, die Strahlen im Zentrum dagegen fast im rechten Winkel zum Bildsensor. Auch das muss dann erst einmal korrigiert werden und wird bei sehr lichtstarken Objektiven aufgrund des enormen Durchmessers der Frontlinse zum Problem.

    Panasonic Lumix S5 II | Lumix S 18 mm f/1.8 | Sigma A 35 mm f/1.4 DG DN | Lumix S 50 mm f/1.8

    Sony Alpha 7R IV | Sigma A 14 mm f/1.4 DG DN | Sigma A 20 mm f/2 DG DN | Sigma A 105 mm f/2.8 DG DN Macro

  • Bei sehr weitwinkligen Objektiven hat man zudem das Problem, dass die Lichtstrahlen am Rand in einem sehr flachen Winkel eintreffen,

    Also ist da zum Beispiel Samyang mit dem 135 mm f/2 gar kein so grosses Kunststück gelungen? Ich habe das Objektiv nämlich 10/10 gegeben, da es schlichtweg das schärfste Objektiv ist, das ich je getestet habe, egal ob an APS-C oder Vollformat. Oder ist diese Errungenschaft gar nicht mal so ohne?

    Kamera

    Canon 6D Mark II

    Objektive

    EF 24 mm f/2.8 IS USM - EF 24-105 mm f/4 IS II USM - EF 50 mm f/1.8 STM - EF 70-300 mm f/4.5-6 IS II USM - EF 135 mm f/2 USM - EF 200 mm f/2.8 II USM


    • Offizieller Beitrag

    Sagen wir es so: Ein 14 mm f/1.8 fürs Vollformat am Bildrand scharf zu bekommen ist deutlich komplizierter als ein 135 mm f/2 auf die entsprechende Abbildleistung zu trimmen. 10/10 kannst Du trotzdem gerne geben, da man jedes Objektiv einfach innerhalb seiner Klasse bewerten muss. Und wenn da die Leistung stimmt... Warum nicht.


    Man sollte bei (lichtstarken) UWW-Linsen nur vielleicht etwas lockerer sein und akzeptieren, dass irgendwann mit aktuellen Technologien die Grenze erreicht ist.

  • Ja, das 135'er wurde in der dafür passenden Objektivklasse bewertet. Ich und drei andere haben uns kurzgeschlossen und waren uns ziemlich einig. :)


    Wie stehen die Chancen für ein Testvideo? ;)

    Kamera

    Canon 6D Mark II

    Objektive

    EF 24 mm f/2.8 IS USM - EF 24-105 mm f/4 IS II USM - EF 50 mm f/1.8 STM - EF 70-300 mm f/4.5-6 IS II USM - EF 135 mm f/2 USM - EF 200 mm f/2.8 II USM


    • Offizieller Beitrag

    Bei Samyang eher die neuen AF- und XP-Linsen. Leider werden letztere in Deutschland zum Teil nicht als Sample angeboten. Das neue XP 50 mm f/1.2 würde mich beispielsweise sehr interessieren.

  • Ich bekomme das 135 mm in zwei Wochen geliefert. Wenn Interesse besteht, kannst du dich gerne melden. Aber ich denke, die ValuTech-User haben wohl nicht so Interesse an Objektiven ohne AF und IS. Aber wer weiss. Vielleicht kannst du das ja besser einschätzen anhand der YouTube-Statistiken.

    Kamera

    Canon 6D Mark II

    Objektive

    EF 24 mm f/2.8 IS USM - EF 24-105 mm f/4 IS II USM - EF 50 mm f/1.8 STM - EF 70-300 mm f/4.5-6 IS II USM - EF 135 mm f/2 USM - EF 200 mm f/2.8 II USM


  • Ich habe mal eine naive Anschlussfrage (so als Neuling in der Fotografie): warum kauft man sich dann lichtstarke Objektive, wenn man sie dann eh auf beispielsweise Blende 8 abblendet, um das Foto auch bis an die Ränder komplett scharf zu bekommen? Dann kann man doch gleich ein Objektiv auswählen, was eine Anfangsblende von 4 hat und spart dann wahrscheinlich noch viel Geld gegenüber einem lichtstarken Objektiv.

    Canon EOS 77D

    • Offizieller Beitrag

    Weil... deine Argumentation einen grundlegenden Denkfehler hat ;)


    Du musst de facto jedes Objektiv abblenden, damit es am Bildrand seine maximale Schärfe erreicht. Eine lichtstarke Festbrennweite z.B. von f/1.4 auf f/2.8, ein lichtschwaches Zoom z.B. von f/5.6 auf f/11. Der Vorteil bleibt in vielen Fällen also schlichtweg erhalten.


    Dann gibt es da noch die Physik, genauer die weiter oben bereits erwähnten Airy-Disks aka Beugungsscheibchen. Wenn Du ein sehr lichtschwaches Objektiv, sagen wir z.B. ein klassisches Reisezoom mit f/6.3 im Tele, noch um 2 Stufen (also auf f/13) abblenden müsstest um die maximale Bildschärfe zu erreichen, limitiert bei aktuellen APS-C-Sensoren (~24 MP) spätestens ab f/8 der Durchmesser der Beugungsscheibchen die Auflösung. Und das Problem wird mit immer höher auflösenden Sensoren nur noch größer. 28 Megapixel auf einem APS-C-Sensor? f/6.7 ist das Limit usw.



    Zudem ist in vielen Fällen die Bildschärfe am Rand zu vernachlässigen. Bei Portraits, Produktfotos o.ä. wird man das Objekt z.B. eher selten in die äußerste Bildecke setzen. Die äußersten Bildecken sind eher bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen von Interesse.


    Und dann noch der (vielleicht wichtigste) künstlerische Aspekt: Für gewöhnlich kauft man sich lichtstarke Objektive nicht um technisch perfekte Bilder aufzunehmen, sondern um mehr mit der Unschärfe im Hintergrund spielen zu können ;)

  • Achso okay. :) Vielen Dank für die Information. ^^


    Gibt es einen Richtwert oder etwas in der Richtung wie viel man abblenden muss, um die perfekte Schärfe des jeweiligen Objektivs zu erreichen oder muss man einfach bei jedem Objektiv selbst probieren bis man es gefunden hat? ( z.B.: bei Objektiven mit Anfangsblende 4.0 immer ab 5.6)

    Canon EOS 77D

    • Offizieller Beitrag

    Das ist bei jedem Objektiv unterschiedlich und es gibt sogar noch eine kleine Serienstreuung, vor allem die Differenz der Bildschärfe zwischen Offenblende und Maximum. Aber grundlegend kann man zum Thema Abblenden sagen:

    1. Bei sehr lichtstarken Objektiven (f/2.8 und lichtstärker) meist 2-3 EV, bei nicht ganz so lichtstarken Objektiven (z.B. f/5.6) 1-2 EV.
    2. Moderne Objektivkonstruktionen tendenziell etwas weniger.
    3. (Ultra-)Weitwinkel-Objektive ~1 EV mehr als normal- oder Telebrennweiten.

    Aber das sind wirklich nur grobe Richtwerte. Das neue Sigma 85 mm f/1.4 ART ist z.B. schon bei Offenblende nah am Maximum und schärfer als es viele andere Portrait-Objektive mit 2-3 EV Abblenden sind.

    Panasonic Lumix S5 II | Lumix S 18 mm f/1.8 | Sigma A 35 mm f/1.4 DG DN | Lumix S 50 mm f/1.8

    Sony Alpha 7R IV | Sigma A 14 mm f/1.4 DG DN | Sigma A 20 mm f/2 DG DN | Sigma A 105 mm f/2.8 DG DN Macro