Langsam zieht ein wenig Normalität zurück ins Messegeschäft, zumindest fühlte sich die SLUSH 2022 in Helsinki rückblickend nicht anders an als vor der Corona-Pandemie. Wieder gab es Startups aus der ganzen Welt zu sehen, wieder mit spannenden und weniger spannenden Innovationen, wenn überhaupt. Wir wollen einige positive Beispiele vorstellen.
Das Startup Luminate Medical stellt sich dem Thema Haarausfall bei Chemotherapien mit dem LILY getauften Kompressions-Aufsatz. Während der Chemotherapie wird über LILY gleichmäßig leichter Druck auf die Kopfhaut ausgeübt, wodurch die Durchblutung reduziert wird und möglichst wenig der Chemotherapie-Medikamentation die Haarfollikel erreicht. Dank bereits seit vielen Jahren vorhandener Erfahrung im Bereich der Kompressionstherapie sind die Auswirkungen verringerter Durchblutung für einen kurzen Zeitraum gut untersucht.
Mushlabs: Vom Pils zum Pilz
Eine echte Revolution am Lebensmittelmarkt könnte Mushlabs aus Deutschland auslösen. Das Hamburger Startup nutzt Pilze als Fleischersatz. So weit, so gewöhnlich. Der Unterschied besteht darin das Myzel (in etwa vergleichbar mit der Wurzel von Pflanzen) und nicht den sonst üblichen Fruchtkörper zu verwenden. Das Myzel kann auch in großen Tanks gezüchtet und dort mit einer Vielzahl von bisher ungenutzten Resten der Lebensmittelindustrie gefüttert werden, darunter: Sägemehl, Zuckerrohrbagasse, Treber, Reishülsen, Baumwoll-, Kaffee- und Teeabfälle.
Mit Bitburger konnte Mushlabs im Juli einen großen Partner gewinnen, der das junge Unternehmen sowohl mit Resten sowie Erfahrung und Ausrüstung aus dem Brauereiprozess unterstützt. Derzeit sind die finalen Produkte noch nicht als Lebensmittel zugelassen, weshalb die erste Kostprobe auf der SLUSH 2022 noch mit dem Unterzeichnen einer Verzichtserklärung verbunden war. Immerhin: Das „Fleischbällchen“ war in Konsistenz und Geschmack praktisch identisch zu Produkten, wie sie in Dosensuppen zu finden sind.
Kreislaufwirtschaft und Indoor-Solarzellen aus dem hohen Norden
Finnlands womöglich bekannteste Design-Marke Marimekko gab auf der SLUSH seinen Einstieg ins Metaverse bekannt – indem Mode aus der echten Welt nun auch im virtuellen Umfeld vertrieben wird. Spannender waren Aussagen zur Kreislaufwirtschaft: Hierfür arbeitet man sowohl in Finnland als auch Portugal mit Partnern zusammen, um aus alten Kleidungsstücken und Resten aus der eigenen Produktion neue Kleidung zu produzieren. Auf Rückfrage gab man zudem zu verstehen, dass zukünftig auch die Rücknahme eigener Produkte ins Auge gefasst, zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht umgesetzt wird.
Epishine aus Schweden entwickelt und fertigt organische, druck- und biegbare Solarzellen für Kleinstverbraucher, die auch in Innenräumen zuverlässig funktionieren sollen. Eingesetzt werden können die Solarzellen beispielsweise für kabellose Tastaturen, Fernbedienungen, Rauchmelder, Smart-Home-Geräte wie Lichtschalter und Türschlösser, (Küchen-)Waagen oder fast überall sonst, wo heutzutage Knopfzellen- oder AA(A)-Batterien zum Einsatz kommen.
Epishine besitzt bereits eine kleine Fabrik in Schweden, die mehrere Millionen der eigenen Solarzellen pro Jahr produzieren kann und arbeitet bereits an einer Zweiten in Linköping, die auf mehrere Milliarden Module pro Jahr ausgelegt ist. Die Produktion sei vergleichbar mit der Produktion von Zeitungen auf langen Rollen. Bei einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde auf einer 2,5 m breiten Rolle, ließen sich laut epishine genügend Solarzellen drucken, um ein Atomkraftwerk zu ersetzen – und das jeden Monat.