ValueTech.de Logo ValueTech
Technik. Einfach. Verstehen.

Canon RF 100mm F2.8L IS USM - 1,4:1-Makro mit schnellem Autofokus im Test

|

Canon füllte Schritt für Schritt die letzten Lücken in seinem RF-Objektivangebot für spiegellose Systemkameras aus der EOS-R-Familie. Das RF 100mm F2.8L Macro IS USM ist sicherlich nichts für Sparfüchse, setzt aber auch frische Akzente im Bereich der Makrofotografie. Dazu zählt ein Abbildungsmaßstab von 1,4:1, ein treffsicherer Autofokus und sehr gute optische Stabilisierung.

Canon RF 100 mm f/2.8L Macro IS USM: Drei Einstellringe und vier Schalter bieten viele Konfigurationsmöglichkeiten

Im Vergleich zum Vorgänger für DSLR-Kameras ist das Objektiv gute 2 cm gewachsen und hat auch leicht auf 730 g zugelegt. Geblieben ist derweil ein 67-mm-Filtergewinde sowie ein Staub- und Spritzwasserschutz für den Außeneinsatz. Neu hinzugekommen sind gleich zwei Einstellringe. Am vorderen Ende ein Multifunktions-Ring, der sich in EOS-R-Kameras mit diversen Einstellungen belegen lässt sowie ein Einstellring für die sphärische Aberration. Mehr dazu später im Text.

Autofokus und Stabilisierung

Zur Fokussierung setzt Canon auf den Nano-USM getauften Linear-Ultraschallantrieb. Was technisch-trocken klingt, bringt in der Praxis sichtbare Vorteile. Egal ob bei Foto- oder Videoaufnahmen: Das Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM führt den Fokus blitzschnell und weich nach. Bis hinab an die Naheinstellgrenze konnten wir mir der EOS R5 vom kontinuierlichen Autofokus samt Objektverfolgung Gebrauch machen. Vor allem für Filmaufnahmen ergeben sich Einsatzfelder, an die bisher nicht zu denken war.

[[YT:5od3S4GEWLE]]

Der Abbildungsmaßstab von 1,4:1 erfordert dennoch eine möglichst ruhige Umgebung. Schon der Windhauch einer vorbeilaufenden Person kann Blüten, Gräser und darauf sitzende Insekten in vermeintlich beträchtliche Bewegung setzen. Das ist für den Autofokus weniger ein Problem als für die Bildkomposition.

Bei Letzterer hilft der sehr gute, optische Bildstabilisator im Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM. In Kombination mit stabilisierten EOS-R-Kameras wie der Canon EOS R5 oder R6 verspricht Canon bis zu 8 EV Stabilisierung auf längere Entfernungen. Wie bei allen Makro-Objektiven sinkt der Effekt der Stabilisierung, je näher man der Naheinstellgrenze kommt. Im Makro sollte also weiter ein Stativ dabei sein, klassische Filmaufnahmen aus der Hand sind indes kein Problem – ganz im Gegenteil.

Bildqualität

Einerseits wäre da die ausgezeichnete Bildschärfe. Zugegeben, erwarten wir von Makro-Objektiven der Hausmarke hier im Jahr 2021 auch keine Ausrutscher. Das Bildzentrum ist bereits bei Offenblende (f/2.8) beinahe am Auflösungsmaximum. Am Bildrand gibt es bis etwa f/5.6 noch Steigerungen zu sehen, aber auch hier ist bereits Blende f/2.8 scharf.

Testbild Canon EOS R5 + RF 100mm F2.8L Macro IS USM | f/5, 1/160 s, ISO-100

Die Chromatische Aberration (Farbquer- und längsfehler) hat Canon auf beiden Achsen sehr gut korrigiert. In der 100-Prozent-Ansicht sind bei Offenblende am Bildrand minimale Farbsäume zu erkennen, die aber spätestens bei im Makrobereich üblichen Blenden jenseits der f/5,6 de facto verschwinden. Die Vignettierung (Randabschattung) ist mit etwa 1,5 EV zu vernachlässigen und lässt sich bei Bedarf über ein Korrekturprofil schnell korrigieren.

Testbild RF 100mm F2.8L Macro IS USM | Bokeh bei f/2.8, f/4 und f/8 (v.l.n.r.)

Das Bokeh, die Rundheit oder Schönheit der Hintergrundunschärfe, kommt in unseren Augen nicht an die Qualität des manuellen Irix 150mm f/2.8 Dragonfly heran, selbiges rangiert mit 100 statt 150 mm Brennweite sowie 9 statt 11 Blendenlamellen aber auch von Haus aus in einer leicht anderen Klasse. Und bietet vor allem keinen Autofokus und keine Stabilisierung. Und auch keine Einstellmöglichkeit der sphärischen Aberration.

Testbild RF 100mm F2.8L Macro IS USM | Bokeh mit Sphärische Aberration in den Stufen -4 und +4 (re.)

Bei perfekt korrigierten, asphärischen Objektiven spielt es keine Rolle, ob ein "Lichtstrahl" mittig oder am Rand einfällt: Die Fokusebene bleibt konstant. Bei sphärischer Aberration können weiter außen auftreffende Strahlen vor oder hinter der Fokusebene ihren Brennpunkt haben. Das Beeinflusst den Kontrast, aber auch das Bokeh, wie auf dem Bild oberhalb zu sehen.

Testbild RF 100mm F2.8L Macro IS USM | Portrait mit Sphärische Aberration in den Stufen 0 und -1 (re.)

Um den Effekt zu verstehen, empfiehlt es sich die Extreme des SA-Kontrollrings anzuschauen. In der Praxis empfehlen wir jedoch eher mit den ersten ein bis maximal zwei von vier Strichen links und rechts des Mittelpunkts zu arbeiten. Auf Position -1 ist der Effekt vergleichbar mit einem leichten Mist-Filter, wie sie bei Videoaufnahmen häufiger anzutreffen sind.

Fazit und Empfehlung

1.549 Euro will Canon für das [[FKCH:Canon-RF-100mm-F2-8-L-MACRO-IS-USM-Canon-RF_41195.html|RF 100mm F2.8L Macro IS USM]] sehen – so lautet die UVP und der Preis im Vorverkauf zum Zeitpunkt der Artikelveröffentlichung. Damit liegt man nicht nur deutlich über dem Vorgänger, auch über dem Preis anderer Hausmarken für vergleichbare Objektive. Ob man ruhigen Gewissens so viel Geld ausgeben kann? Ja und nein.

Testbild Canon EOS R5 + RF 100mm F2.8L Macro IS USM | f/4.5, 1/640 s, ISO-1000

Nein, wer bereits den EF-Vorgänger besitzt und eher statische Aufnahmen macht, beispielsweise Stillleben oder Produkte im Studio. Der Vorgänger zählt bis heute zu den schärfsten Objektiven im EF-Objektivangebot und lässt sich genauso problemlos wie kostengünstig adaptieren.

Ja, wer neu in die Makrofotografie einsteigt, neu bei Canons Systemkameras ist oder eine der vielen Neuerungen und Verbesserungen sucht. Denn die Neuauflage im RF-Bajonett ist zweifelsohne besser: Die Auflösung ist auf sehr hohem Niveau, der Autofokus von Fotos im Makro bis zu Videoaufnahmen in mehreren Metern praktisch makellos und vom 1,4:1-Abbildungssmaßstab ganz zu schweigen.