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Canon EOS R3: Spezifikationen und erste Praxiseindrücke von Eye-Control

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Angekündigt, wenn auch eher vage, war die Canon EOS R3 bereits seit dem Frühling. Zum Spätsommer folgen nun alle Details und ab November soll sie dann für 5.999 Euro im Fachhandel erhältlich sein – und damit ein gutes Stück günstiger als im Vorfeld befürchtet und vermutet wurde.

Das Gehäuse ist, wie nicht anders zu erwarten, eine komplette Neuentwicklung. Zweifelsohne ist Canons Designsprache der EOS-R-Familie erkennbar, der zweite Handgriff für den Hochkantbetrieb und den aus der EOS-1D-Reihe bekannten LP-E19-Akku lassen die spiegellose Systemkamera aber deutlich wachsen. Dennoch ist das Gewicht gut 400 g unter dem einer EOS-1D X Mark III oder vergleichbar mit einer EOS 5Ds.

Canon EOS R3: Ohne Objektiv bringt das Profi-Gehäuse gut 400 g weniger als eine EOS-1D X Mark III auf die Waage [Bildmaterial: Canon Deutschland]

Erstmalig in Canons Profi-Segment kommt ein dreh- und schwenkbares Display zum Einsatz. Der japanische Hersteller ist sich sicher, eine vergleichbare Robustheit sowie Staub- und Spritzwasserschutz bieten zu können. Zudem löst das Display mit 4,1 Millionen Bildpunkten deutlich höher auf als andere Kameras.

Mit "nur" 5,76 Mio. Bildpunkten gibt man sich beim elektronischen Sucher (EVF) zufrieden, im ersten Praxistest war aber immerhin kein Unterschied zwischen Live-View- und Bildkontrolle sichtbar, wie er zuletzt beim Test der Sony Alpha 7s III auffiel, deren knackscharfer EVF mit 9 Millionen Bildpunkten im Live-View sichtlich nachlässt. Mit bis zu 120 Bilder/s Bildwiederholrate und einer "OVF-Simulation", die das elektronische Sucherbild tatsächlich näher an das eines analogen DSLR-Suchers bringt, will Canon weitere DSLR-Fans zum DSLM-Umstieg animieren.

Zubehörschuh und Speicherkarten

Aus der EOS R5 wird die Kombination aus CFexpress- und SD-Speicherkarten (UHS-II) an der Seite übernommen, die bei der EOS R5 zudem außerordentlich schnelle Schreibgeschwindigkeiten von beinahe einem halben Gigabyte pro Sekunde erreichen konnten.

Neu, aber abwärtskompatibel ist der Zubehörschuh: 21 zusätzliche Kontakte erlauben in Zukunft viel "digitales" Zubehör. Zum Start wird es digitale Mikrofone, einen XLR-Adapter von Tascam und Smartphone-Adapter geben. Dank der digitalen Schnittstelle können zudem Blitze und Blitz-Controller über das Kameramenü eingestellt werden, was das Zubehör entsprechend kleiner und günstiger machen wird. Das zugehörige Kameramenü lässt sich schnell über einen Knopf am jeweiligen Zubehörteil aufrufen.

Bekannter Prozessor, neuer

Beim Bildprozessor bleibt es auf dem Papier beim DIGIC X, der bereits in einigen Canon-Kameras zum Einsatz kommt. Wirklich notwendig erscheint mehr Rechenleistung auch nicht, konnte der Prozessor auch schon die 45 Megapixel der EOS R5 mit 20 Bilder/s im Serienbild sowie 8K-Videoaufnahmen handhaben.

Die EOS R3 kommt auf "nur" 24 Megapixel – nicht ungewöhnlich für eine Kamera im Profisegment. Canon sieht die EOS R3 vor allem im Bereich Sport-, Action- und Reportagefotografie. Wenn es schnell gehen muss (Berichterstattung aktueller Geschehnisse, Sportveranstaltungen etc.) lassen sich einige hundert Bilder in 24 statt 50 Megapixeln im Zweifel schneller übertragen und bearbeiten.

Canon EOS R3: Der Stacked-BSI-CMOS-Sensor löst mit 24 Megapixeln auf uns besitzt einen 5-Achsen-Stabilisator [Bildmaterial: Canon Deutschland]

Beim Sensor handelt es sich darüber hinaus um eine Neuentwicklung. Es ist der erste Stacked-BSI-CMOS-Sensor von Canon – eine Technologie(-kombination), die Sony bereits seit einiger Zeit in seinen Premiummodellen einsetzt. Bei gestapelten ("stacked") Bildsensoren sind auf der Rückseite weitere Halbleiterbauteile wie Bildprozessoren und/oder Zwischenspeicher aufgebracht, die mit sehr hohen Bandbreiten an den Bildsensor angebunden sind.

Dies ermöglicht auch in der EOS R3 eine Serienbildaufnahme ohne Unterbrechungen im Sucher ("Blackout Free"), eliminiert den Rolling-Shutter-Effekt auf ein Minimum und Canon erreicht im besten Fall eine Auslöseverzögerung von nur noch 20 Millisekunden.

Der elektronische Verschluss kann Verschlusszeiten von bis zu 1/64.000 Sekunde erreichen und lässt sich auch mit der Flackererkennung kombinieren, die auch unter Kunstlicht bei kurzen Belichtungszeiten für eine konstante Belichtung sorgt.

Aufgrund der geringeren Auflösung gibt es maximal 6K- statt 8K-Video, dafür mit weniger Hitzeproblemen und besserer Qualität in 4K-Auflösung. Selbst bei 120 Bilder/s in 4K soll die EOS R3 noch anderthalb Stunden aufzeichnen können. Bis zu 60 Bilder/s ist zudem ein 6K-Oversampling für mehr Details und weniger Moiré möglich.

Autofokus auf Steroiden

Die reduzierte Auflösung, kombiniert mit dem Stacked-Sensor reichen Canon für bis zu 30 Bilder/s bei voller Auflösung – inklusive Fokusnachführung und automatischer Belichtung. Wobei vor allem der Dual Pixel CMOS AF II noch einmal verbessert wurde. Neben der Erkennung von diversen Tieren und Menschen, inklusive Augen- und Kopferkennung sind nun auch Fahrzeuge an der Reihe.

Canon EOS R3: Das Display ist, erstmalig in Canons Profi-Serie, dreh- und schwenkbar. Oben zu erkennen sind die zusätzlichen Kontakte des Zubehörschuhs [Bildmaterial: Canon Deutschland]

Dabei geht es Canon, die oben genannte Zielgruppe im Hinterkopf, jedoch primär um Rennsportveranstaltungen. So kann die Canon EOS R3 auf Wunsch entweder auf Fahrzeuge oder Helme fokussieren. Sollte der Helm zu klein sein, wechselt die EOS R3, analog zum Augenautofokus, automatisch auf das Fahrzeug.

Mit Eye Control kommt zudem eine Funktion "zurück", die es zuletzt bei Canons späten SLR-Kameras zu sehen gab – jedoch mit einem stark veränderten Konzept. Eye Control ist nun als weitere Kontrollmöglichkeit der Autofokusfelder zu verstehen. Einmal kalibriert, verfolgt die EOS R3 das Auge der Person hinter der Kamera im Sucher. Ab dort geht es grob weiter, als würde man den Autofokus-Joystick nutzen.

Schaut man beispielsweise auf eine Person und die Augenerkennung ist aktiv, übernimmt ab dem Andrücken des Auslösers (oder der AF-On-Taste) das gewohnte Eye-Tracking. Fällt der Blick auf das zweite Motorrad beim Überholmanöver an der Rennstrecke und die Fokus-Priorität wurde in der Kamera auf den Helm gelegt, wird eben dieser verfolgt. Von hier an kann das Auge wieder im Sucher kreisen und sich um die Bildkomposition kümmern.

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Prinzipiell wird Eye Control auch mit Brillen und Kontaktlinsen funktionieren. Canon gibt jedoch zu bedenken, dass die Technik trotz viel Erfahrung aus der hauseignen Medizintechnik-Abteilung ihre Grenzen hat. Gleitsichtbrillen oder harte Kontaktlinsen sollten beispielsweise vermieden werden. In der Kamera stehen mehrere Speicherplätze für Kalibrierungen zur Verfügung. So können mehrere Personen Eye Control mit der EOS R3 verwenden oder beispielsweise je eine Kalibrierung mit und ohne Brille hinterlegt werden.

Und vieles mehr…

Insgesamt hat Canon über 100 kleine und große Verbesserungen in die EOS R3 gepackt. Dazu zählt aktuelles Bluetooth 5.0 und 5-GHz-WLAN genauso wie ein Firmware-Update über die Smartphone App, das Übertragen von Kameraeinstellungen zwischen der EOS R5 und R3 oder das künstliche Auslösegeräusch bei elektronischem Verschluss auch über den Kopfhörerausgang hören zu können, will man beispielsweise im Theater nicht störend auffallen, aber dennoch eine akustische Rückmeldung.