ValueTech.de Logo ValueTech
Technik. Einfach. Verstehen.

Sigma sd Quattro - Die derzeit wohl außergewöhnlichste DSLM-Kamera im Test

|

"Ist die neu? So eine Kamera habe ich ja noch nie gesehen?!" - Keine Frage: Wer die neue Sigma sd Quattro in den Händen hält, dem ist viel Aufmerksamkeit gewiss. Nicht nur das futuristisch wirkende Gehäuse sorgt für Diskussionsstoff am Foto-Stammtisch, auch die verbaute Technik. Wir werfen einen detaillierten Blick auf Sigmas erste kompakte Systemkamera.

Sigma sd Quattro zusammen mit dem Kit-Objektiv Sigma A 30 mm f/1.4 DC HSM

Einen echten Vergleich konnten wir nicht finden, um die Formgebung der sd Quattro zu beschreiben. Zwar ist man mit Sucher und ausgeprägtem Handgriff erst einmal klassisch unterwegs, die vielen abgeschrägten Kanten und das um gut zwei Zentimeter nach vorn herausgezogene Bajonett - ein notwendiger Kunstgriff um die vorhandenen Objektive weiterverwenden zu können - sind jedoch alles andere als normal. In mittelgroßen bis großen Händen liegt die Sigma sd Quattro absolut sicher, für kleine Hände ist der Griff schon zu groß dimensioniert. Auch das Gewicht (625 g) ist vergleichsweise hoch, jedoch setzt Sigma hier auf ein hochwertiges Metallgehäuse.

Sigma sd Quattro: Auf der Rückseite befindet sich, neben dem Display, ein 2. LCD für die wichtigsten Einstellungen

Das Kameramenü wirkt aufgeräumt, generell dürften sich Canon- und Pentax-Nutzer schnell zurechtfinden: Die Struktur ist sehr ähnlich und gut durchdacht. Das (frei konfigurierbare) Quickset-Menü hat es uns besonders angetan, erlaubt es doch die acht am häufigsten verwendeten Einstellungen sehr schnell zu verändern (mehr dazu im Video unten).

Bildqualität

Die Bildqualität war bei Sigmas hauseigenen Kameras schon immer... besonders. Vor allem aufgrund des Foveon X3-Direktbildsensors. Anstelle der typischen Bayer-Matrix sind die drei farbsensitiven Schichten hintereinander aufgereiht. Der Vorteil liegt bekanntermaßen in einer sehr guten Farbauflösung und einem sehr hohen Mikrokontrast: Wo "gewöhnliche" Kameras interpolieren müssen (Demosaicing), greifen Kameras mit Direktbildsensor auf die volle Farbinformation je Pixel zurück.

Testbild Sigma sd Quattro + Sigma A 30 mm f/1.4 DC HSM | f/4, 1/500 s, ISO-100

Formell löst die oberste Schicht (Blau) mit 20 Megapixeln auf, die darunterliegenden (Grün und Rot) mit je 5 Megapixeln. Je nach Einstellungen lassen sich daraus Bilder mit einer Auflösung von bis zu 40 Megapixeln exportieren. Ein passenden Objektiv vorausgesetzt sind selbst letztere bis auf das Pixel scharf. Die maximal mögliche Bildschärfe der Sigma sd Quattro braucht sich nicht vor Vollformat-Kameras wie der Sony Alpha 7R II zu verstecken.

Testbild Sigma sd Quattro + Sigma A 30 mm f/1.4 DC HSM | f/2, 1/500 s, ISO-100

Objektive ist dabei ein gutes Stichwort: Sigma setzt auf den hauseigenen SA-Anschluss und ist weiterhin der einzige Anbieter entsprechender Objektive. Das Sortiment entspricht dabei dem hauseigenen Angebot für Canon- und Nikon-Kameras. Die Preise liegen auf demselben Niveau der Varianten für andere Kamerahersteller und sind damit meist deutlich günstiger als vergleichbare Objektive von Canon, Nikon, Sony, Panasonic oder Olympus.

Testbild Sigma sd Quattro + Sigma A 30 mm f/1.4 DC HSM | f/5.6, 1/800 s, ISO-100

Auch der Dynamikumfang konnte im Test überzeugen. Wer sich die Zeit nimmt und die Bilder im RAW-Konverter bearbeitet, kann weiterhin mit den Reglern für Spitzen, Tiefen und insbesondere "X3 Fill Light" auch in sehr kontrastreichen Situationen eine gute Durchzeichnung in dunklen wie hellen Bereichen erzielen.

Einziger Wermutstropfen: Die Nachbearbeitung in Sigma PhotoPro 6 bringt auch eine leistungsstarke Workstation ordentlich ins Schwitzen. Die hohe Auflösung schreit förmlich nach einer optimierten Fassung mit OpenCL-Beschleunigung oder zumindest Multicore-Unterstützung. Hochauflösende Monitore (Stichwort 4K/Retina) werden nativ leider ebenfalls nicht unterstützt.

Sigma sd Quattro: Vergleich zwischen ISO-100 (li.) und ISO-3200 (r.)

Das Bildrauschen ist weiterhin die Achillesferse von Sigmas Foveon-Bildsensoren. Die exzellente Bildschärfe lässt sich eigentlich nur bei ISO-100 und ISO-200 bewundern, bereits ab ISO-400 gehen Details verloren und ab ISO-800 wird bereits starkes Helligkeitsrauschen sichtbar. Spätestens eine Lichtempfindlichkeit von ISO-3.200 bringt den Sensor an seine Grenzen und produziert, neben enorm viel Farb- und Helligkeitsrauschen, auch ein verwaschenes Bild.

Autofokus und Serienbildmodus

Ebenfalls schon lange auf unserem Wunschzettel: Mehr Geschwindigkeit – in allen Bereichen. Der Serienbildmodus kommt nun auf, an sich ordentliche, vier Bilder je Sekunde und der Pufferspeicher reicht für neun Bilder im RAW-Format aus. Viel mehr bietet auch die DSLR-Konkurrenz im gleichen Preisbereich nicht. Jedoch dauert das Abspeichern der Bilder viel zu lang. Selbst die schnellste derzeit für Geld zu erwerbende SD-Speicherkarte wird mit kaum 10 MB/s beschrieben und erreicht damit keine 5 Prozent der möglichen Datenrate. Selbst Einsteiger-DSLR-Kameras wie die Nikon D3300 erreichen spielend sechsmal höhere Schreibraten.

[[YT:bCiW_2SHJaE]]

Der 9-Punkt-Phasenautofokus fokussiert zwar schneller als der Vorgänger (sd Merrill), aber selbst bei guten Lichtbedingungen vergeht gerne eine Sekunde vom Drücken des Auslösers vis zum Foto. In schlechten Lichtbedingungen greift der Autofokus dann auch selbst mit AF-Hilfslicht nicht selten komplett daneben. Auch hier hätten wir uns deutlichere Verbesserungen gewünscht.

Fazit und Empfehlung

Es stellt sich so langsam die Frage, ob Sigmas Ansatz der Direktbildsensoren wirklich der nächste große Schritt in der digitalen Fotografie ist oder ob Sigma, angesichts der (derzeit) kleinen Zielgruppe, lediglich die hohen Investitionen scheut die eine Verbesserung bei Autofokus, Datenverarbeitung (Kamera wie RAW-Konverter) und Rauschverhalten mit sich bringen würde.

Der RAW-Konverter ist langsam und wenig übersichtlich: Sigma PhotoPro

Denn die mögliche Bildschärfe und Auflösung der [[ASIN:B01HHR572O|Sigma sd Quattro]] ist schlichtweg überwältigend für einen APS-C-Bildsensor und eine 800-Euro-Kamera. Angesichts der diversen Einschränkungen liegt der Haupteinsatzzweck definitiv im Studio (Portrait, Produktfotografie) sowie im Bereich Landschafts- und Architekturaufnahmen. Und genau in diesen Zielgruppen macht sich Sigma mit der sd Quattro H selbst die größte Konkurrenz.