Es war eine große Überraschung, im doppelten Sinn: Sigma stellte im Rahmen der photokina 2018 das neue 60-600 mm DG OS HSM aus der Sport-Familie vor. Die Kampfansage, trotz weiteren Zoom-Bereichs, an die Bildqualität der erfolgreichen Familie von 150-600-mm-Objektiven anknüpfen zu wollen, weckte dann auch unser Interesse. Zurecht!
Als Objektiv der Sport-Familie spendiert Sigma dem neuen 60-600 mm praktisch alle Ausstattungsmerkmale, die man derzeit im Portfolio hat: Einen gut dimensionierten Fokusring mit Manual-Override-Funktion, flexiblen Zoom-Lock, eine geschützte Fokusskala, integrierte Stativschelle mit Arca-Swiss-Kompatibilität und das ganze Paket dann auch noch in einem wetterfesten Gehäuse.
Natürlich sind im Standardlieferumfang auch eine Streulichtblende sowie 3 Jahre Herstellergarantie (nach Registrierung) enthalten. Einzige Schwachstelle: Mit 2,7 kg Gesamtgewicht und Abmessungen von 120 x 269 mm (Ø x l) ist das Sigma 60-600 mm f/4.5-6.3 DG OS HSM Sport alles andere als kompakt, jedoch minimal kleiner und knapp 200 g leichter als Sigmas 150-600 mm Sport.
Autofokus und Bildstabilisator
Ebenfalls aus der Sport-Serie bekannt sind umfangreiche Einstellmöglichkeiten für Autofokus und Bildstabilisator, jedoch nur über das optional erhältliche [[ASIN:B00CBQ5YOS|USB-Dock von Sigma]], über das sich auch Firmware-Updates mit wenigen Klicks aufspielen lassen.
Unter anderem lässt sich der Autofokus bei Bedarf korrigieren (sollte z.B. ein Front- oder Back-Fehlfokus auftreten) sowie der Arbeitsbereich in Metern eingrenzen, die notwendige Drehung für den Manual Override („Jederzeit-MF“ in der deutschen Übersetzung) und die Arbeitsweise des Bildstabilisators einstellen – und viele dieser Einstellungen noch in 2 Custom-Modi (C1, C2) abspeichern, um über den entsprechenden Schalter am Objektiv schnell zwischen den Einstellungen wechseln zu können. Kurzum: Vor allem für technisch interessierte Nutzer und Perfektionisten ist die Investition von etwa 40 Euro in das Sigma USB-Dock durchaus zu empfehlen.
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Der Autofokus agiert bei unserem Testmuster präzise und flott, wenn auch nicht vergleichbar mit Canons neuem 70-300 mm IS II USM mit Nano-USM-Autofokus. Der Bildstabilisator erreicht in der Praxis eine Effektivität von ca. 3,5 EV: Bei einer Brennweite von 600 mm lassen sich, aus der Hand, so auch bei 1/60 s noch scharfe Bilder aufnehmen.
Bildqualität
In Sachen Bildqualität gibt es derweil kein einheitliches Bild. Die gute Nachricht lautet jedoch: Nennenswerte Probleme gibt es eigentlich nur am kurzen Ende, also bei 60 mm Brennweite zu berichten. Insbesondere die Bildränder haben mit deutlicher chromatischer Aberration (violette und grüne Farbsäume) zu kämpfen und wirken auch etwas verwaschen.
Fängt man jedoch an nur minimal am Zoom-Ring zu drehen, ändert sich die Bildqualität deutlich zum Besseren. So sind beispielsweise bei 200 mm Brennweite selbst die äußersten Bildecken noch scharf – und das bereits bei maximaler Lichtstärke (f/5.6). Auch die chromatische Aberration hat Sigma hier praktisch perfekt korrigiert.
Am langen Ende, 600 mm Brennweite, nimmt die Bildschärfe zum Bildrand licht ab, im Bildzentrum sind jedoch weiterhin gestochen scharfe Aufnahmen bereits bei Offenblende (f/6.3) möglich. Auch den Vergleich mit dem beliebten 150-600 mm Sport aus eigenem Hause muss das neue 60-600er nicht scheuen.
Erfreulich und für Telezoom-Objektive im mittleren Preisbereich längst nicht selbstverständlich: Auch beim Bokeh, der Schönheit oder Rundheit der Hintergrundunschärfe, leistet sich Sigma keinen Schnitzer und schafft es selbst unruhige Hintergründe weich zu zeichnen.
Fazit
Mission erfüllt! Sigmas "Versprechen", dass es bei der Bildqualität keine großen Unterschiede zur 150-600-mm-Familie geben soll, hat sich erfüllt. So ist das neue [[ASIN:B07HNXBPCY|Sigma 60-600 mm Sport]] mehr als nur eine Alternative zum 150-600 mm Sport: Kleiner, leichter, mit Arca-Swiss-kompatibler Stativschelle ausgerüstet und ein 10- statt 4-fach-Zoom. Da muss sich auch die Konkurrenz warm anziehen.
Natürlich sind auch 2,7 kg alles andere als ein Leichtgewicht und kleine bis mittelgroße Fotorucksäcke bieten nicht genügend Platz. Mit "nur" 2 kg deutlich leichter, aber nur unwesentlich kleiner ist das Tamron SP 150-600 mm G2. Wer es vor allem kompakter mag, muss auch bei der Brennweite Abstriche machen und kann z.B. zum Sigma 100-400 mm aus der Contemporary-Serie greifen.